Mit dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz hat der Gesetzgeber die Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland modernisiert. Das Gesetz ist in Teilen (auch Säulen genannt) bereits ab November 2023 und März 2024 in Kraft. Weitere Bestandteile werden ab 1.6.2024 rechtskräftig. Um was geht es und wie unterstützt Ihre AOK Bayern?
Fachkräfte-Säule (gültig seit November 2023)
Die Gewinnung von Fachkräften mit anerkanntem Abschluss bleibt der zentrale Pfad der Zuwanderung. Eine wesentliche Verbesserung für Unternehmen durch das neue Recht ist, dass sie Personen in nicht reglementierten Berufen mit einer in Deutschland anerkannten Berufsausbildung in jeder qualifizierten Tätigkeit beschäftigen dürfen. Und nicht wie vorher nur in dem Bereich der anerkannten Berufsqualifikation. Eine Elektrikerin kann so etwa als Mechatronikerin oder ein technischer Betriebswirt als IT-Berater beschäftigt werden.
Die Gehaltsschwellen für die Blaue Karte EU in Regel- und Engpassberufen wurden abgesenkt. Es gilt ein Mindestgehalt von
- 45,3 Prozent der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung für die Engpassberufe und für Berufsanfängerinnen und -anfänger. Im Jahr 2024 sind das 41.041,80 Euro.
- 50 Prozent für alle anderen Berufe. Im Jahr 2024 liegt die Gehaltsschwelle bei 45.300 Euro.
Eine Abweichung der Gehaltsschwelle nach unten ist möglich, wenn der Arbeitgeber tarifgebunden ist. Zudem muss bei einem Arbeitsplatzwechsel die Ausländerbehörde nur noch informiert werden. Eine Zustimmung ist nicht mehr erforderlich.
Erfahrungssäule (gültig seit März 2024)
Die Erfahrung von Bewerberinnen und Bewerbern ermöglicht seit März 2024 die Beschäftigung ausländischer Fachkräfte auch ohne vorherige formale Anerkennung des Berufsabschlusses.
Allerdings müssen dafür eine im Herkunftsland staatlich anerkannte, mindestens zweijährige absolvierte Berufsausbildung sowie dazu passende mindestens zweijährige Berufserfahrung, vom Arbeitgeber zu prüfende Sprachkenntnisse sowie ein Mindestgehalt in Deutschland von 45 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung (2024: 40.770 Euro) vorliegen.
Fachkräfte, die über eine ausländische Qualifikation verfügen, aber nicht die notwendige Gehaltsschwelle erreichen, können im Rahmen einer Anerkennungspartnerschaft beschäftigt werden. Das ist eine privatrechtliche Vereinbarung, die in die Anerkennung einer Berufsqualifikation mündet. Sie steht in Zusammenhang mit dem angestrebten Beruf im Arbeitsvertrag.
Parallel zur Beschäftigung wird das berufliche Anerkennungsverfahren durchlaufen.
Der Arbeitgeber verpflichtet sich hierbei zur Unterstützung. Allerdings erteilt die Bundesagentur für Arbeit (BA) eine Aufenthaltserlaubnis zur „Anerkennungspartnerschaft“ zunächst für maximal ein Jahr mit der Option, auf maximal drei Jahre zu verlängern.
Potenzialsäule (ab 1. Juni 2024)
Neu im Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist die sogenannte Potenzialsäule. Dafür wird auf Basis eines Punktesystems ab Juni 2024 eine Chancenkarte für Drittstaatenangehörige eingeführt, die noch keinen Arbeitsvertrag in Deutschland haben. Mit der Chancenkarte sollen sie einen Aufenthaltstitel von bis zu einem Jahr zur Arbeitssuche erhalten. Dieser berechtigt während der Arbeitsplatzsuche zu einer zweiwöchigen Probebeschäftigung oder einer Nebentätigkeit von bis zu 20 Stunden pro Woche.
Auswahlkriterien im Punktesystem können Qualifikation, Sprachkenntnisse, Berufserfahrung, Deutschlandbezug (etwa durch bisherige Aufenthalte in Deutschland) und Alter sein. Zudem soll die Chancenkarte nur erteilt werden, wenn der Lebensunterhalt gesichert ist. Wenn eine Fachkraft danach keinen anderen Erwerbstitel aus dem Aufenthaltsgesetz bekommen kann, aber dennoch ein Angebot für eine qualifizierte Beschäftigung hat, kann die Chancenkarte um weitere zwei Jahre verlängert werden.
So unterstützt Ihre AOK Bayern
Ausführliche Informationen finden Sie auf dem Fachportal für Arbeitgeber sowie im aktuellen E-Paper der AOK.
In unserem Podcast erklärt Sarah Pierenkemper vom Institut der deutschen Wirtschaft, wie sich diese Erleichterungen auf den beruflichen Alltag von Arbeitgebern und Beschäftigten auswirken.
Und auch Ihre neu gewonnenen Fachkräfte aus dem Ausland profitieren vom AOK-Service: Wir erklären das deutsche Sozialversicherungssystem in 19 Sprachen auf unserem Migrationsportal.